Projektreflexion: Das Problem der Obdachlosen-Uni (falls man es Problem und nicht etwa Erfolg nennen möchte) ist, dass Wohnungslose oder soeben nicht mehr Wohnungslose, die sich zutrauen, die genug Selbstbewusstsein, Intelligenz und Unternehmergeist besitzen, einen eigenen Kurs an der Obdachlosen-Uni anzubieten, auch diejenigen sind, die auch sonst engagiert genug sind, um eine Wohnung und einen Job zu bekommen und zudem möglicherweise noch politisch aktiv sind und mehr Rechte für Wohnungslose einfordern etc. Ein (geregeltes) Einkommen, eine Wohnung und ggfls. politische Mitsprache rauben dann aber so viel Zeit, dass ehrenamtliche Mitarbeit an der Obdachlosen-Uni dann leicht „hinten rüber fällt“. Dies kann und soll niemanden vorgehalten werden – im Gegenteil, man kann nur gratulieren. Wäre man todessehnsüchtig, könnte man argumentieren, dass dieser Sachverhalt den Tod des Partizipationsgedankens der Obdachlosen-Uni einläuten könnte. Hauchen wir der Obdachlosen-Uni aber lieber neues Leben ein. Das Projekt muss dahingehend über- und weitergedacht werden, dass eben diese Engagierten und Motivierten, job- und wohntauglich gemacht werden oder zunächst zumindest als Peerhelper bezahlt/entlohnt in der Obdachlosen-Uni arbeiten können, um der Obdachlosen-Uni erhalten zu bleiben und anderen Obdach- und Wohnungslosen einen ähnlichen Schritt aus der Wohnungslosigkeit heraus schmackhaft zu machen und zu ermöglichen (vgl. z. B. die Outreach-Peerhelperbroschüre) . Ein (Rest-)Risiko besteht allerdings darin, dass oft diese Motivierten, ehemals Obdachlosen unter uns, schon so „angeschlagen“ sind, aus einem Burnout kommen etc. und ihnen nicht mit zu viel ehrenamtlichen Engagement, Arbeits- und Wohnungssuche ihrerseits, der „gar aus“ gemacht werden darf. Eine allumfängliche Lösung ist nicht in Sicht - wir haben das Problem aber erkannt und behalten es, zumindest im Auge.
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